Die Bundesregierung will Anreize zum längeren Arbeiten setzen. Es fehlen jedoch die benötigten großen Reformen. Ein neues Gutachten der IMPULS-Stiftung zeigt Wege auf.
Im Maschinen- und Anlagenbau könnten in den nächsten zehn Jahren fast 180.000 Beschäftigte altersbedingt fehlen. Das stellt die Unternehmen bei der Fachkräftesicherung vor große Herausforderungen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt in einem Gutachten im Auftrag der IMPULS-Stiftung des VDMA verschiedene Stellschrauben für längeres Arbeiten auf.
Die Bundesregierung möchte Anreize zum längeren Arbeiten setzen. Auch arbeitsrechtliche Hürden zur Weiter- und Wiederbeschäftigung von Rentnerinnen und Rentnern sollen abgebaut werden. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Große Reformen, um die gesetzliche Rentenversicherung zu stabilisieren und die Beitragszahler nicht zu überlasten, fehlen jedoch. Ein neues Gutachten des IW – erstellt im Auftrag der IMPULS-Stiftung des VDMA – beinhaltet zahlreiche arbeitsmarkt- und sozialpolitische Empfehlungen für die notwendige Verlängerung der Lebensarbeitszeit.
Das Arbeitskräftepotenzial in Deutschland schrumpft
Das Arbeitskräftepotenzial in Deutschland wird mit dem Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand deutlich abnehmen. „Jeder vierte Beschäftigte im Maschinen- und Anlagenbau ist mindestens 55 Jahre alt und damit nicht weit vom Renteneintritt entfernt. Für die Fachkräftesicherung ist das bereits jetzt ein Problem, das sich in den kommenden Jahren noch massiv verschärfen wird“, sagt VDMA-Präsident Bertram Kawlath. In den nächsten zehn Jahren könnten im Maschinenbau rund 178.000 Beschäftigte fehlen, berechnet das Gutachten des IW. „Kaum einer will hören, dass wir länger arbeiten müssen, wenn die gesetzliche Rentenversicherung finanzierbar bleiben soll. Wir können nicht ständig die Beiträge erhöhen. Das belastet Unternehmen und Beschäftigte“, mahnt Kawlath.
Änderungen im Rentenrecht sind notwendig
Stattdessen, so zeigt das Gutachten auf, braucht es vor allem Änderungen im Rentenrecht. Dazu gehört es, die Regelaltersgrenze weiter mit der steigenden Lebenserwartung anzuheben. Wer vorzeitig in Rente geht, muss zwar bereits heute Abschläge in Kauf nehmen. Mit 0,3 Prozent pro Monat sind diese laut IW jedoch zu niedrig. Sie sollten erhöht werden, um Anreize zum früheren Renteneintritt abzubauen. Auch die sogenannte „Rente mit 63“ gehört laut IW-Wissenschaftlern abgeschafft. „Es muss unattraktiver werden, früher in Rente zu gehen“, fordert Kawlath.
Doch nicht nur politische Stellschrauben sind ausschlaggebend. Die Entscheidung, in den Ruhestand zu gehen, ist eng mit dem Gefühl verbunden, genug geleistet zu haben, so die Autoren. Laut IW-Beschäftigtenbefragung ist dies für knapp die Hälfte der Befragten ein starkes Motiv. „Längeres Arbeiten ist auch eine Frage der gesellschaftlichen Einstellung. Wir müssen das Narrativ „genug geleistet zu haben “ aufbrechen und stattdessen hervorheben, dass die Kompetenzen und Erfahrungen von älteren Beschäftigten unverzichtbar sind“, ist Kawlath überzeugt.
Unterstützung für Arbeitswillige
Umso mehr gilt es diejenigen zu unterstützen, die im Arbeitsleben aktiv bleiben wollen. Gut ein Drittel der Beschäftigten kann sich laut Gutachten ein Weiterarbeiten nach dem Renteneintritt zumindest vorstellen. Damit Unternehmen Beschäftigte auch über das Renteneintrittsalter hinaus rechtssicher beschäftigen können, sind arbeitsrechtliche Anpassung, zum Beispiel beim sogenannten Vorbeschäftigungsverbot wichtig. Denn vier von zehn Unternehmen scheitern an arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen, obwohl sie bereits Personen über dem Renteneintrittsalter beschäftigen.
Anders als häufig in der Diskussion vorgebracht, hängt längeres Arbeiten nicht von Armut im Alter ab. Dr. Oliver Stettes, ein Autor des aktuellen IW-Gutachtens betont: „Die Erwerbstätigkeit im Alter ist kein Indiz für eine finanzielle Notlage, sondern Ausdruck des Wunsches nach sozialer Teilhabe und schlicht dem Spaß an der Arbeit.“