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Neue IMPULS-Studie: Production as a Service

Produktionsmittel zu teilen, bietet Chancen für Hersteller und Nutzer.

Produktionsnetzwerke geraten immer mehr unter Druck. Spätestens seit der massiven Beeinträchtigung der Lieferketten während der Corona-Pandemie werden bisherige Strategien hinterfragt. Hinzu kommen bereits bekannte Herausforderungen wie geopolitisches Decoupling, Klimaschutz und Fachkräftemangel. Der Kosten- und Preisdruck ist hoch. Investitionen sind aufgrund steigender Finanzierungskosten zunehmend schwieriger zu stemmen.

Vor diesem Hintergrund kann „Production as a Service“ (PaaS) an Bedeutung gewinnen. Neu ist die dahinterstehende Idee nicht. Das Nutzen von Produktionsmitteln, welche kein eigenes Eigentum sind, ist in Grundzügen bereits bekannt. Genannt seien Geschäftsmodelle wie Leasing oder „Equipment as a Service“. PaaS versucht Schwächen dieser bisher bilateralen Subskriptionsmodelle zu beheben.

Anbieter und Anwender

Maschinen- und Anlagenbauer schauen von zwei Seiten auf dieses Geschäftsmodell: Einerseits als Hersteller von Maschinen und Anlagen, die durch andere Anwender genutzt werden. Andererseits als Nutzer von Produktionsmitteln anderer Hersteller in der eigenen Produktion.

Entweder der Nutzer geht mit hohen Investitionssummen bei einer einmaligen Transaktion in Vorleistung und damit ins Risiko und kauft Maschinen und Anlagen. Dies führt zu hohen Abschreibungen, welche sich wiederum auf höhere Maschinenstundensätze auswirken. Die Folge ist das Streben nach der höchstmöglichen Kapazitätsauslastung. Auswirkungen sind gegeben in Bezug auf Stückkosten und so auf die Preise der eigenen Produkte. Oder eben das betreffende Unternehmen versucht über Subskriptionsmodelle als Nutzer einen Teil dieser Bürde loszuwerden.

In anderen Fällen ist das Unternehmen selbst dieser Hersteller, in dessen Eigentum zunächst das Investitionsgut verbleibt – und damit ein großer Teil der sofortigen finanziellen Belastung und des Risikos. Kunden für diese bedarfsbezogenen Geschäftsmodelle sind jedoch bislang nicht leicht zu finden. Nur wenigen Herstellern gelingt es, solche Modelle in größerem Umfang ausrollen. Auch ist die kurzfristige Investitionssumme oft sehr groß.

Externe Treiber neuer Ansätze

Ausschließlich aus Europa heraus die ganze Welt zu beliefern, ist für viele Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus bislang Realität. Im Alleingang auf allen relevanten Märkten eigene Produktionsstätten zu etablieren, stellt eine kaum lösbare Aufgabe dar. Doch diese Aufgabe musste in der Vergangenheit auch gar nicht zwingend gelöst werden. Das europazentrierte Produktionsnetzwerk funktionierte.

Im Zuge geopolitischer Verwerfungen kann aber die regionale Präsenz mit Produktionsstandorten notwendig werden. Dies würde hohe Investitionsvolumina und große Unsicherheit mit sich bringen. Insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen stehen vor enormen Herausforderungen. Hinzu kommen der Fachkräftemangel sowie der wachsende Fokus auf Nachhaltigkeit und den CO2-Fußabdruck der Produkte.

Production as a Service als Chance

Vor allem drei Aspekte machen PaaS aus und gehen damit über andere bislang bekannte Subskriptionsmodelle hinaus:

  • Ein Investor bringt als dritte Partei Investitionskapital, bekommt zukünftige Rendite und übernimmt dafür Risiken.
  • Besonders interessant sind höhere Investitionsvolumina, also große Anlagen oder ganze Fabriken.
  • Mehrere Nutzer teilen sich die Kapazitäten (Sharing).

Für Investoren eröffnet sich eine völlig neue Anlageklasse, welche attraktive Profitabilität mit hochprofessionellen und transparenten Projekten verspricht. Hersteller können ihren Absatz steigern, da sie neue Kundengruppen adressieren. Nutzer können eine eventuell erforderliche Präsenz vor Ort mit weniger eigenem Aufwand und hochqualifiziertem Personal realisieren und dadurch ihren Absatz vergrößern; möglicherweise gehen damit verringerte Treibhausgas-Emissionen einher.

Der Umstand, als Nutzer nicht mehr alleiniger Entscheider hinsichtlich des eigenen Produktionsprozesses zu sein, erscheint zunächst als ein Verlust an Flexibilität. Doch ohne die Partnerschaft würde diese Kapazität oder eine spezielle Technologie gegebenenfalls überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Sofern es wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, eine Produktionsstätte allein zu betreiben, nimmt das Teilen der Kapazitäten mit anderen Partnern dann eben keine Flexibilität.

Technischer Fortschritt zahlt in PaaS ein

Keinesfalls ist PaaS der Königsweg für alle genannten Herausforderungen der Zukunft. Denn möglicherweise sind die Investitionskosten – und damit die Renditeaussichten für potenzielle Investoren – zu gering. Denkbar ist natürlich auch, dass die eigene alleinige Kapazitätsauslastung zu hoch ist oder Produktionsprozesse zu geheim sind. Auch wettbewerbsrechtliche Aspekte müssen bedacht sein.

Je unterschiedlicher die Anwendungsfelder und damit Kundenmärkte möglicher Partner sind, desto schwieriger lassen sich die nötigen Synergieeffekte erzielen und Prozesse und Produktionsmittel teilen. Die notwendigen Voraussetzungen sowie die rechtlichen und operativen Konstruktionen von PaaS-Partnerschaften sind kompliziert. Um für alle Beteiligten verlässlich funktionieren zu können, müssen sie es jedoch auch sein.

PaaS kann künftig zumindest ein Teil der Antwort sein. Technologische Entwicklungen werden helfen, diese komplexen Geschäftsmodelle leichter mit mehreren Partnern transparent und praktikabel abwickeln zu können. Digitale Infrastrukturen wie Manufacturing-X sind das Puzzleteil, welches alles zusammenfügt. Ein wenig Zukunftsmusik ist PaaS also noch. Aber möglicherweise wird PaaS in dieser Zukunft stärker den Ton angeben als bislang verstellbar.